Einschätzung der Sondierungsergebnisse zum Thema Pflege: „Richtige Ziele, falscher Weg?“

bad e.V. begrüßt die Bereitschaft zu Sofortmaßnahmen in der Pflege und warnt vor allgemeinverbindlichem Tarifvertrag!

Der bad e.V. hatte alle im Bundestag vertretenen Parteien bereits im Dezember 2017 zur Umsetzung konkreter „Sofortmaßnahmen“ für die Pflege aufgefordert und einen dezidierten schriftlichen Vorschlag hierfür unterbreitet. Nachdem sich daraufhin Bündnis 90/ Die Grünen ebenfalls für ein „Sofortprogramm“ stark gemacht hatten, bestätigten nun auch die Parteien der „großen Koalition“ einen akuten Handlungsbedarf und übernahmen hierfür den Terminus „Sofortmaßnahmen“.

„Viele der formulierten Ziele teilen wir“, erläutert Kern. „Insbesondere die Arbeitsbedingungen in der Alten- und Krankenpflege sofort und spürbar zu verbessern, ist von elementarer Wichtigkeit, um dem Fachkräftemangel in der Pflege und dem Pflegenotstand Herr zu werden.“ In diesem Zusammenhang stellt sich Kern jedoch die Frage, ob das Sondierungspapier nicht statt realistische Handlungsoptionen zu wählen Unmögliches verspricht. „Für die angekündigte „bessere Personalausstattung in der Altenpflege“ braucht es Fachkräfte, die dem Markt schlicht und einfach schon lange fehlen. Vor diesem Hintergrund muss sich die GroKo fragen lassen, wie sie die Ankündigung, 8000 neue Fachkraftstellen im Zusammenhang mit der medizinischen Behandlungspflege in Pflegeeinrichtungen zu schaffen, denn kurzfristig in die Tat umsetzen will? Denn eine bloße Ausschreibung der Stellen bewirkt nun mal nicht, dass sie auch besetzt werden können! Aktuell fehlt es doch nicht an offenen Stellen, sondern an einer ausreichenden Anzahl geeigneter Bewerber, um sie zu besetzen.“

Insbesondere die angekündigte Allgemeinverbindlichmachung von Tarifverträgen vermag das nicht zu erreichen, betont Rechtsanwältin Andrea Kapp, Bundesgeschäftsführerin des bad e.V.: „Nicht nur, dass viele bad-Mitgliedseinrichtungen ihr Personal heute schon übertariflich bezahlen, auch die unternehmerischen Möglichkeiten, Vergütungsmodelle beizubehalten, die Mitarbeiter/innen mehr Netto- vom Brutto-Verdienst ermöglichen, würden durch die allgemeine Anwendung bestehender Tarifverträge stark eingeschränkt werden.“

„Offen bleibt zudem die Frage der Finanzierung. Wer fordert, dass Pflegekräfte mehr Geld verdienen sollen, der muss zuvor sicherstellen, dass die Vergütung von Pflege in gleichem Maße wie die Gehälter steigen, weil Arbeitgeber an ihre Belegschaft nur weitergeben können, was diese zuvor erwirtschaften. Die Arbeitgeber brauchen hier Rechtssicherheit, wenn sich der Pflegenotstand nicht noch weiter verschärfen soll. Da der wichtige Punkt der Vergütung von Pflegeleistungen und damit der vollständigen Refinanzierung steigender Personalkosten im Sondierungspapier ausgespart worden ist, muss befürchtet werden, dass hier das Pferd sprichwörtlich von hinten aufgezäumt werden soll“, befürchtet Kapp.

Gleiches gilt für die Ankündigung strengerer „Personaluntergrenzen für pflegeintensive Bereiche“. Kern hierzu: „Wir brauchen zunächst einmal effektive Maßnahmen, damit dass benötigte Personal auf dem Markt vorhanden ist. Erst dann kann man den Einrichtungen die Verpflichtung zur Beschäftigung von mehr Personal vorgeben. Denn Pflegekräfte, die nicht da sind, können wir nicht einstellen. Ich wünsche mir deshalb intensive, gemeinsame Anstrengungen zur Bekämpfung des Fachkräftemangels in der Pflege und keine Schwarzer-Peter-Spiele.“

Die angekündigte Ausbildungsoffensive, mehr Anreize für eine bessere Rückkehr von Teil- in Vollzeit, ein Wiedereinstiegsprogramm, eine bessere Gesundheitsvorsorge für die Beschäftigten sowie eine Weiterqualifizierung von Pflegehelfern zu Pflegefachkräften betrachtet Kern hingegen als sinnvolle Maßnahmen.