Finger weg von weiteren Leistungskürzungen bei der Pflegeversicherung
In letzter Zeit mehren sich Stimmen, die die desolate finanzielle Lage der Pflegeversicherung mit einer Einschränkung ihres Leistungsumfangs beheben wollen. So hat sich das Institut der Deutschen Wirtschaft konkret für eine mögliche Abschaffung des Leistungszuschlags beim Eigenanteil von Pflegeheimbewohnenden ausgesprochen und hält generell weitere Kürzungen bei den Leistungen in Hinsicht auf den bevorstehenden demografischen Wandel für überlegenswert.
Ähnlich äußerte sich ein Mitglied des die Bundesregierung beratenden Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. In einem Interview sprach sich die Wirtschaftswissenschaftlerin Veronika Grimm sowohl für Leistungskürzungen als auch für eine höhere Selbstbeteiligung von Pflegebedürftigen aus.
Keine Pflegereform zulasten der Pflegebedürftigen
Der Bundesverband Ambulante Dienste und Stationäre Einrichtungen (bad) e. V. betrachtet diese Tendenzen höchst kritisch. „Die Lösung der finanziellen Schwierigkeiten der Sozialen Pflegeversicherung kann nicht darin bestehen, die gute und qualitativ hochwertige pflegerische Versorgung nach und nach abzubauen bzw. sie für die Betroffenen immer unbezahlbarer zu machen“, mahnt Andreas Kern, Bundesvorsitzender des bad e. V. „Es ist geradezu empörend, wie hier auf dem Rücken der Pflegebedürftigen Gedankenspielereien zur Pflegereform angestellt werden, die die Leistungen nicht vom Bedarf und der Belastungsgrenze der Betroffenen, sondern vom Einsparpotenzial abhängig machen. Man kann nur hoffen, dass diese Stimmen keinen Einfluss auf die Pflegepolitik der Bundesgesundheitsministerin und der Bundesregierung haben werden.“
Angehörigenpflege nicht für Einsparungen missbrauchen
Skeptisch steht der bad e. V. auch Überlegungen gegenüber, die pflegerische Versorgung verstärkt auf Angehörige und Ehrenamtliche abzuwälzen. „Die Leistungserbringung durch nicht-professionelle Kräfte ist in vielen Fällen gar nicht möglich, weil keine Angehörigen hierfür zur Verfügung stehen oder weil pflegende Angehörige bereits ihre Belastungsgrenze erreicht haben. Ungeachtet dessen auf eine Ausweitung der Angehörigenpflege zu drängen, gefährdet die Qualität der Versorgung. Hier eine Einsparungsmöglichkeit zu sehen, ist ein riskantes Spiel auf Kosten der Pflegebedürftigen. Denkbar ist aus unserer Sicht allenfalls, eine Beschäftigung von Angehörigen bei Pflegeeinrichtungen zu gestatten, wenn durch diese eine qualifizierte Anleitung sowie ein sorgfältiges Belastungsmanagement erfolgt und die Ergebnisqualität der Angehörigenpflege überprüft wird.“
Einnahmesituation verbessern
Eine langfristige Lösung der finanziellen Probleme der Sozialen Pflegeversicherung (SPV) sieht der bad e. V. zuvorderst in der Entlastung der Pflegeversicherung von versicherungsfremden Leistungen. Die dann für tatsächlich pflegerische Leistungen anfallenden Kosten könnten durch Einführung einer Bürgerversicherung, in die alle Versicherten Beiträge einzuzahlen haben, gedeckt werden. Darüber hinaus gegebenenfalls noch bestehender Finanzierungsbedarf ist aufgrund des gesamtgesellschaftlichen Charakters der Herausforderung aus Steuermitteln zu decken.“
Leistungen für Versicherte verbessern
Auf dieser Grundlage fordert der bad e. V., die Leistungen der Sozialen Pflegeversicherung langfristig auszuweiten und eine Pflege-Vollversicherung einzuführen. „Eine bedarfsgerechte Versorgung der Pflegebedürftigen, unabhängig von deren finanziellen Verhältnissen, kann nur durch eine vollständige Übernahme der tatsächlichen Ausgaben durch die SPV sichergestellt werden. Damit würde die Pflegeversicherung dem Status der Krankenversicherung gleichgestellt.
Kontakt
Bundesverband Ambulante Dienste und Stationäre Einrichtungen (bad) e.V.
Andrea Kapp, RA‘in
Bundesgeschäftsführerin, Qualitätsbeauftragte (TÜV)
Zweigertstr. 50
45130 Essen
Tel: 0201/354001
a.kapp@bad-ev.de
Über den bad e. V.
Der Bundesverband Ambulante Dienste und Stationäre Einrichtungen (bad) e.V. mit seinem Hauptsitz in Essen wurde 1988 gegründet. Er vertritt die Interessen von bundesweit mehr als 1.500 zumeist privat geführten Pflegediensten und -einrichtungen und stellt damit einen der großen Leistungserbringerverbände in der Wachstumsbranche Pflege und Betreuung dar.